Leider nichts dazugelernt

Zuhören und Gesprächsbereitschaft sind zwar essentielle Tugenden eines Exekutivpolitikers, sie alleine machen jedoch noch keinen politischen Frühling !

Diese Feststellung muss leider nach gut eineinhalb Jahren Tätigkeit des neuen Gesundheitsministers nüchtern gemacht werden. Während Herr Couchepain  zwar „runde Tische“ organisierte, anschliessend jedoch trotz allen Gesprächen das machte, was er vor dem runden Tisch schon im Sinne hatte, machte sein Nachfolger zuerst grosse Hoffnungen mit seiner für uns ungewohnten Art, einfach mal zuzuhören und Gesprächsbereitschaft zu signalisieren.

Wahrscheinlich war dies jedoch vorwiegend Unkenntnis der Materie und Unsicherheit, die ihn dazu veranlassten.

Die Wahrheit kam spätestens mit dem Gegenvorschlag des Bundesrates zur Initiative „JA zur Hausarztmedizin“  zu Tage:

Statt sich dem wirklichen Problem anzunehmen, nämlich der Tatsache, dass es ohne sofortige Interventionen innert 10 Jahren praktisch keine Hausärzte mehr gibt, verliert sich der Gegenvorschlag in philosophisch anmutendem Grundsatzgeplänkel und versucht unter anderem – wie peinlich – mit falsch interpretierten Statistiken diese Tatsache des sich abzeichnenden rasanten Hausarztmangels abzuschwächen bzw. zu widerlegen.

Keine einzige der Grundsatzforderungen der Initiative wurde wirklich aufgenommen, es ist zum verzweifeln.  Dabei kenne Ich keinen einzigen Politiker, der nicht auch vehement sagen würde, „die Hausarztmedizin muss man dringendst fördern“ – wenn es dann jedoch konkret wird, klemmen die Entscheidungsträger. Wahrscheinlich steckt dahinter die alte, ideologisch verfahrene und ärztefeindliche Beamtencrew des BAG, die einem noch so gutwilligen neuen und der Materie unkundigen Chef ihren eingefahrenen Weg aufdiktiert.

Herr Bundesrat Burkhalter, nehmen Sie Ihr Herz in die Hand und trotzen Sie „Ihrem“ BAG!

Es braucht dringend:

  • Erstens und vor allem sofort die Einleitung einer grundversorgerfreundlichen Tarifrevision (wussten Sie, dass neue Grundversorgerpraxen mit dem aktuellen Tarif kaum überlebensfähig sind?)
  • Die Sicherung des für die Berufsausübung notwendigen Instrumentariums (zB Praxislabor)
  • Die Förderung und Sicherung von Aus- und Weiterbildung in Allgemeinmedizin, d h auch gesicherte Weiterbildungsstellen in Spitälern und Arztpraxen
  • Eine „auch von oben her“ kommende Anerkennung und Wertschätzung der ärztlichen Grundversorgertätigkeit zur Imagepflege mit dem Ziel auch der ideellen Atraktivierung dieser wichtigsten Stütze unseres Gesundheitswesens für junge Studienabgänger.

Diese bis jetzt rein verbale Anerkennung bedarf dringendst einer „Validierung“ durch rasches Umsetzen der ersten drei Punkte !

Ich wünsche Ihnen dabei Mut, viel Kraft und Beharrlichkeit gegenüber Ihrer Verwaltung  – die Bevölkerung wird es Ihnen spätestens in 10 Jahren danken.

Dr. med. Jürg Naef, Herzogenbuchsee